„Ein erfolgreicher Spendenlauf beginnt mit dem ersten Schritt“, könnte man in Anlehnung an ein altes chinesisches Sprichwort sagen. Und damit ist nicht der erste von 21.097,5 Metern Laufstrecke gemeint. Denn der erste Schritt erfolgt viel früher. Wie aus einer kleinen Idee eine echte Challenge wurde, die gleich an mehreren Stellen zu scheitern drohte und mit deren Hilfe dann doch rund 2.500 Euro für die PH-Selbsthilfe an Spenden zusammengekommen sind – das hat Peter Volkmer aufgeschrieben. Bei seinem Sohn ist Primäre Hyperoxalurie (Typ II) seit seinem ersten Lebensjahr bekannt.
„Hast du nicht Lust, einen Halbmarathon mitzulaufen? Den Venloop in Venlo? Der soll super sein. Die ganze Stadt ist auf den Beinen und man wird förmlich über die Strecke getragen.“ Das sagte mein Freund Thorsten irgendwann Ende letzten Jahres zu mir. Und ich so: „Warum nicht?“
So fing das an. Ein Spendenlauf war es da noch nicht, sondern nur eine Gelegenheit sich selbst herauszufordern. Ich lief seinerzeit regelmäßig – ein bis zwei Mal die Woche – zehn Kilometer als Workout. 21 Kilometer sollten also auch drin sein. Ich meldete mich an. Und die Veranstalter freuten sich auf mich: „Sehr geehrte Peter, Herzlichen Dank für Ihre Anmeldung an der Halbmarathon von der Arrow Venloop!“ Mir wurde die Startnummer 28214 zugeteilt. Schon bald sollte sie in der Post sein.
„Willst du nicht daraus einen Spendenlauf für die PH Selbsthilfe machen“, fragte mich kurz danach die frischgebackene Schriftführerin, die zufällig mit mir verheiratet ist. „Warum nicht?“ antwortete ich wieder. Nicht besonders originell, aber folgenreich. „Du schreibst Freunde und Kollegen an, dass sie für deine gelaufenen Kilometer spenden sollen und die PH Selbsthilfegeneriert Einnahmen. Das ist doch super!“ Ich konnte nicht widersprechen: eine persönliche Challenge – verknüpft mit einem guten Zweck. Klassische Win-Win-Situation.
„Wir sollten uns aber schon vorbereiten. Dann macht’s noch mehr Spaß.“ Ja, Thorsten. Ist recht. Bergsprints am Michaelsberg. „Wenn einem speiübel ist, hat man’s richtig gemacht.“ Ich hab’s richtig gemacht. Einmal. Zwei Mal. Dann war das linke Knie dick. So dick, dass ich Anfang des Jahres den Orthopäden meines Vertrauens aufgesucht habe. „Müssen wir punktieren. Ist ja ganz dick. Können sie ja kaum ohne Schmerzen bewegen.“ Ich konnte abermals nicht widersprechen. „Sie sollten aufhören mit dem Joggen. Sie wissen doch, dass Sie Arthrose in den Knien haben. Fahren Sie Fahrrad! Das ist wie eine Massage. Laufen ist nix.“
„Aber ich muss doch im März einen Halbmarathon laufen, ist doch ein Spendenlauf.“ Nein, habe ich ihm nicht entgegnet. Habe ich nur gedacht und – ehrlich gesagt – das Vorhaben für mich auch schon halb und halb beerdigt. Ein Spendenlauf ohne Lauf? Geht nicht. Und er hatte natürlich Recht, der Orthopäde. Ich hatte Arthrose in den Knien. Das war seit meinen OPs vor zehn Jahren (links und rechts) bekannt. Aber erstens ist „keine Bewegung“ auch keine Lösung und zweitens war ich ja auch seit zehn Jahren beschwerdefrei – gewesen. Mal abgesehen vom Ausflug ins Tennis Camp vor zwei Jahren. Aber das nur nebenbei.
Was also tun? Erstmal abwarten. Kein Joggen. Keine Bergsprints. Und schon gar kein Halbmarathon mal so zum Testen. So hat sich das Knie erholt. Mitte März war es wieder normal dick bzw. dünn. Und Schmerzen hatte ich auch nicht mehr. Aber was war nun mit dem Venloop? Ich machte folgende Rechnung auf: Ich war jetzt so oft so viele Kilometer gelaufen, dass meine Knie so gesund oder kaputt sind, wie sie eben jetzt sind. Sollten es jetzt ausgerechnet die nächsten 21 sein, die den Verschleiß so dermaßen beschleunigen, dass dauerhafte Schäden zu befürchten waren? Das schien mir nicht plausibel.
Außerdem hatte das Projekt „Venloop“ längst eine eigene Dynamik entwickelt. Arbeitskolleginnen und -kollegen, die erstmals von der PH hörten und auch davon, dass mein Sohn betroffen ist, waren sehr interessiert, ließen sich informieren und spendeten. Und nicht nur Zuspruch, sondern auch Geld. Gleiches gilt für Freunde und Bekannte, die ich via Spendenaufruf auf Facebook erreicht habe. Ich kann ohne Untertreibung sagen, dass ich von der Anteilnahme und der Spendenbereitschaft überwältigt war. Und jetzt sollte ich zurückziehen und Thorsten als Spendenläufer allein auf die Strecke schicken? Und nur für ein paar Fotos in Venlo posieren? Äußerst ungern.
Also fuhr ich am 24. März mit Thorsten nach Venlo. Zusammen mit etwa 20.000 anderen Läuferinnen und Läufern, die wie wir bei wechselhaftem Frühlingswetter einen Halbmarathon laufen wollten. Und wir liefen. Die ersten zehn Kilometer war’s easy. Die Strecke konnte ich. Dann wurde es anstrengend. Und die Zuschauer haben einen auch gar nicht ins Ziel getragen. Aber die zahlreichen Blaskapellen an der Strecke haben tatsächlich für überragend gute Stimmung gesorgt.
Bei Kilometer 17 glaubte ich zu halluzinieren. Oder spielten die Bläser da an der Ecke tatsächlich „Echte Fründe“ von den Räubern? Nein, jetzt nicht gehen. Dann laufe ich nie wieder los. Und wann kommt endlich das Schild mit der 20? Und das mit der 21? Und dann endlich: Ziel erreicht! In 2:04:26 h. Damit bin ich 451. von 675 geworden – in meiner Altersklasse M50 wohlgemerkt! Waren halt viele Laufverrückte unterwegs.